Die Hullerner Schule

„Unser Dorf im Jahre 1950.“

Landschaftliche Lage / Geschichtliche Entwicklung Finanzen und Verkehr
Fläche und Bevölkerungsgliederung Kirche / Verwaltung / Schule

 

Fläche und Bevölkerungsgliederung:

„Im Jahre 1950 unterteilte sich Hullerns Wirtschaftsfläche von 725,83 ha in:

 Landwirtschaftliche Nutzfläche462,65 ha 
 Waldflächen, Forsten, Holzungen169,08 ha 
 Ödland und Unland36,73 ha 
 Gebäude und Hofflächen34,86 ha 
 Gewässer12,50 ha 
 Wegeland8,36 ha 
 Öffentliche Plätze, Friedhof u.a.1,65 ha 

Auffallend zeigt sich der relativ große Anteil der Waldflächen, Forsten und Holzungen, der ca. 23 % der Gesamtfläche ausmacht. Vergleicht man diese Aufteilung mit der unten eingefügten Arealstruktur des Kirchspiels im Jahre 1840, so erkennt man, dass die brachliegenden Heideflächen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts lediglich als Schafweiden zu nutzen waren, inzwischen aufgeforstet worden sind.

Arealstruktur des Kirchspiels im Jahre 1840: (1)

a) Ackerland:701 Morgen75 Ruten30 Fuß 
b) Wiesen:41 Morgen148 Ruten85 Fuß 
c) Weiden:80 Morgen84 Ruten88 Fuß 
d) Waldungen:46 Morgen174 Ruten67 Fuß 
e) Heiden:489 Morgen150 Ruten97 Fuß 
f) Gärten:8 Morgen110 Ruten25 Fuß 
g) Ödland, Sandgruben und Lachen:19 Morgen139 Ruten5 Fuß 
h) Wildland:43 Morgen41 Ruten27 Fuß 
i) Gebäudefläche:4 Morgen151 Ruten44 Fuß 
k) Heerstraßen, Wege:5 Morgen177 Ruten84 Fuß 
l) Flüsse, Bäche, Venn:17 Morgen100 Ruten11 Fuß 

(Anmerkungen:
1 preußischer Morgen = 180 Quadratruten = 0,25532 ha;
1 preußische Quadratrute = 14,185 qm
1 münsterische Quadratrute = 21,277 qm;
1 preußischer Quadratfuß = 0,985 qm

Im Zuge der Kommunalreform vom 01.01.1975 wurden der ehemaligen Gemeinde Hullern u.a. die Bauerschaften Antrup und Westrup zugeordnet; somit nimmt der heutige Halterner Ortsteil eine Fläche von 1624,35 ha ein.) (2)

„Zur Dorfgemeinschaft gehören 755 Einwohner (585 Eingesessene, 170 Ostvertriebene) in 159 Haushaltungen. Davon sind 351 männlichen, 404 weiblichen Geschlechts.
Die Personenstandsaufnahme vom 10.10.1930 zum Vergleich:
Einwohnerzahl: 505 (männlich 252, weiblich 253);
davon kath. 499, ev. 5, Dissident 1; ledig 230, verheiratet 157, verwitzwet 18;
Ausländer 2 (1 Tschechoslowake und 1 Holländer).“

(Vergleichswerte vor ca. 100 Jahren, aus dem Jahre 1831:
Einwohnerzahl: 349,
Kinder bis 14 Jahre: 44 Knaben, 52 Mädchen,
15 - 60jährige: 95 Jünglinge u. Männer, 118 Jungfrauen und Frauen,
über 60jährige: männlich 17, weiblich 23,
in der Ehe leben 64 Personen.
Im Kirchspiel sind für das Jahr 1839 6 Colonate, 6 Kötter, 58 Tagelöhner, 65 Wohnungen, 34 Ställe, Scheunen und Schoppen sowie 24 Privatmagazine registriert. (3)

Laut Statistischem Jahresbericht der Stadt Haltern für 1992 hatte Hullern (am Stichtag: 31.12.1992), 2186 Einwohner (männlich: 1084, weiblich: 1102), von denen 877 ledig, 1115 verheiratet, 135 verwitwet und 59 geschieden waren; 1417 gehörten der katholischen, 522 der evangelischen Kirche an, 247 waren ohne Konfession bzw. gehörten anderen Religionsgemeinschaften an. 28 MitbürgerInnen waren Ausländer.

„Die arbeitende männliche Bevölkerung gehört 1950 folgenden Berufsgruppen an:

 BerufsartZahl 
   
 Arbeiter106 
 Landarbeiter35 
 (ausschließlich Knechte und Mägde) 
 Bauern30 
 a) mit über 100 Morgen3 
 b) unter 100 Morgen21 
 c) Pächter6 
 Invaliden und Rentner28 
 Angestellte19 
 Beamte16 
 Handwerker12 
 Kaufleute4 
 sonstige Berufe12

(B. Krumme präzisierte in ihrer 1953 an der Pädagogischen Hochschule Ruhr eingereichten Prüfungsarbeit (Thema:„Die Gemeinde Hullern und die Bauerschaften Westrup und Antrup“) die Größenklassen der landwirtschaftlichen Betriebe in Hullern folgendermaßen:

 Größenklasse Anzahl der Betriebe 
    
 unter 2 ha 22 
 2 -  5 ha 20 
 5 - 10 ha 9 
 10 - 20 ha 2 
 über 20 ha 8)

„Kennzeichnend für die wirtschaftliche Struktur der Gemeinde ist die hohe Zahl der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe. Über der Grenze der Ackernahrung, die bei 10 ha Besitz angesetzt wird, stehen nur 10 Betriebe. Es sind dies vor allem die Höfe an der Stever. Eine kurze Überlegung lässt erkennen, dass Hullern auf Grund der oben angeführten Zahlen keine rein 'bäuerliche' Gemeinde ist, dass die Agrarwirtschaft nur zu einem gewissen Prozentsatz die Erwerbsmöglichkeiten schafft. Unter Zugrundelegung des Klassifizierungssystems von Helmut Röhm (4) lässt sich Hullern als Handwerker- bzw. Arbeiterbauerngemeinde einordnen. Diese Typisierung erfolgte neben der Betrachtung der landwirtschaftlichen Betriebsgrößen nach Berücksichtigung folgender Punkte:

  1. Grad der Bodenverbundenheit
  2. Anteil der hauptberuflichen Erwerbspersonen in der Landwirtschaft an der Gesamtzahl der Erwerbspersonen
  3. Zahl der auswärts Beschäftigten im Verhältnis zur Gesamtzahl der Erwerbspersonen

... Der Grad der Bodenverbundenheit lässt sich durch ein Feststellen des Anteils der Haushaltungen ohne Boden oder mit einer Fläche bis zu 0,5 ha an der Gesamtzahl der Haushaltungen ausdrücken. In der Gemeinde Hullern sind von 159 Haushaltungen 98 ohne Bodenbesitz. Diese Zahlen sprechen von einer geringen Bodenverbundenheit, die jedoch nur zum Teil zutrifft. Die Wochenendsiedlungen in der Nähe von 'Heimingshof' gehören zwar politisch zur Gemeinde Hullern, sind aber mit dem Dorf selbst durch keine gleiche Entwicklung verbunden. So können sie bei der Strukturbetrachtung des Dorfes fortfallen. Wenn wir ihre Zahl auf 25 ansetzen und von der Gesamthaushaltungszahl in Abzug bringen, so ergibt sich für das Dorf selbst ein besseres Bild. Dann liegt die Zahl der Haushaltungen mit Bodenbesitz über 0,5 ha bei 55%.
Der Anteil der hauptberuflichen Erwerbspersonen in der Landwirtschaft beträgt rund 25% der Gesamtzahl. Ein Vergleich mit der oben angegebenen Zahl zeigt, dass sich die beiden bisher betrachteten Gesichtspunkte überschneiden. So ist zwar nur ein geringer Teil der erwerbstätigen Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt, ein weitaus größerer Teil aber verfügt über Bodenbesitz, den er neben seinem Hauptberuf zu bewirtschaften hat. Diese doppelberufliche Situation zahlreicher Dorfbewohner kennzeichnet insbesondere den Typ einer Handwerker- bzw. Arbeiterbauerngemeinde.
Als letzteres wird sie bestimmt durch die große Zahl der auswärts Beschäftigten, die in Hullern rund 50% beträgt ...
Dass die Landwirtschaft als Existenzgrundlage nicht für alle Dorfbewohner ausreicht, lässt die für Hullern errechnete 'Ernährungsdichte' erkennen. Dieser von Helmut Röhm geprägte Begriff deckt das Verhältnis zwischen der Bevölkerungszahl und der Fläche und Fruchtbarkeit des verfügbaren Bodens auf (Ernährungsdichte = Einwohnerzahl je 100 000 DM Einheitswert landwirtschaftlich genutzer Fläche). Wenn für den Durchschnittswert eines Hektars in Hullern 1048 ,- Mark angesetzt wird, so gibt sich eine Ernährungsdichte von 142. Diese Zahl zeigt die Notwendigkeit von außerlandwirtschaftlichen Erwerbsmöglichkeiten, denn nach Röhm sind in einer kleinbäuerlichen Gemeinde, selbst wenn relativ intensiv gewirtschaftet wird, die landwirtschaftlichen Existenzgrundlagen erschöpft, wenn die Ernährungsdichte 90 übersteigt.
Hullern selbst bietet, wenn wir von den öffentlichen Berufen, einigen kleinen Kaufläden, den 5 Wirtschaften und wenigen Dorfhandwerkern, sowie einer kleinen Brennerei absehen, keine Erwerbsmöglichkeiten. Daher ist der Arbeitsmarkt der umliegenden Orte für die wirtschaftliche Situation Hullerns von Bedeutung. - Bei den oben angegebenen Zahlen fällt vielleicht das Vorhandensein von 5 Gastwirtschaften in einem relativ kleinen Ort auf, das aus der Einbeziehung Hullerns in das Halterner Erholungsgebiet erklärt werden kann. So betreiben 3 dieser Gaststätten im Sommer Fremdenverkehr, der bei dem außerhalb des Dorfkerns unmittelbar an der Stever gelegenen Ausflugslokal 'Heimingshof' eine besondere Rolle spielt. Das hier angelegtew Strandbad konnte 1936 16000 Besucher zählen und 1937 sogar 21000. Wenngleich die Wirtschaften innerhalb des Dorfes bei weitem nicht solche Besucherzahlen aufzuweisen haben, so gewinnt doch auch für sie der sommerliche Fremdenverkehr in immer stärkerem Maße an Bedeutung. - Die oben genannte Brennerei geht über einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb nicht hinaus und wird als solcher von Familienmitgliedern geleitet.) (5)
Bei den Arbeitern wäre zu sagen, dass sie ausnahmslos auswärts ihrer Arbeit nachgehen müssen, weil in Hullern jegliche Industrie fehlt. Teils sind sie auf dem Halterner „Wasserwerk für das nördlich - westfälische Kohlenrevier“ (Angaben bei Krumme: 22 Personen), teils bei der Eisenbahn, auf der Zeche (Auguste Victoria in Marl und Emscher - Lippe in Datteln) beschäftigt. Andere verdienen sich ihren Lebensunterhalt bei den Chemischen Werken in Marl - Hüls, im Baugewerbe bei den Kalk- und Sandsteinwerken, Zweigwerk Flaesheim (Cirkel und Co.) (etwa 10 Personen), als Waldarbeiter oder auf dem Halterner Sägewerk (8 Personen). Die meisten haben nebenbei noch etwas Landwirtschaft, so dass sie ein hinreichendes Auskommen haben.“

Einer Erhebung des Amtes Haltern zufolge pendelten im Jahre 1970 an Werktagen 7 Personen nach Hullern ein, 219 von etwa 740 Einwohnern (vorliegende Einwohnerzahl im Jahre 1971: 759) arbeiteten auswärts) (6)

„Stutzig kann der Leser über die verhältnismäßig große Zahl der Pächter werden, von denen 5 über 100 Morgen große Höfe verwalten. Doch dafür ist eine stichhaltige Begründung zu finden. Als ... das Wasserwerk in Haltern zur Versorgung des Industriegebietes angelegt wurde, staute man die Stever so, dass sich ihr Wasserspiegel bei Haltern um 2 Meter hob und die Stauung sich bis kurz vor Olfen, also auf einer Strecke von 8 km im Flusslauf auswirkte. Aus diesem Grunde trat der Fluss im Unterlauf für immer über die Ufer. Um dies zu verhindern, wollte man Dämme an beiden Flussufern anlegen. Damit man aber den Verhandlungen mit den Bauern, denen die an der Stever liegenden Ländereien geh&ouuml;rten, aus dem Wege ging, kaufte das Wasserwerk die Höfe an und besetzte sie mit Pächtern. Nun konnte es ungestört seine Dämme bauen. Nur zwei Bauern an der Stever - Hagemann und Streyl - sind auf den Verkauf ihrer Höfe nicht eingegangen.“

Quellen
(1) Stadtarchiv Haltern, III,3: Chronik der Landbürgermeisterei Haltern, angefertigt im Jahre 1840, S. 45/46
(2) Stadt Haltern, Statistischer Jahresbericht 1992, S. 2
(3) ebenda, S. 98 ff.
(4) Helmut Röhm, Siedlung in Südwestdeutschland, 1949
(5) B. Krumme, S. 40 ff.
(56) Stadtarchiv Haltern am See, Nr. 17/09